Die meisten Menschen sind auf die eine oder andere Weise schon mal mit einem Ehrenamt in Berührung gekommen – sei es, weil sie sich selbst ehrenamtlich engagiert haben, oder weil sie im Sportverein, in der Kirche, auf Festivals & Co. Ehrenamtlichen begegnet sind.
Ein Ehrenamt auszuüben, bedeutet, freiwillig und unentgeltlich Aufgaben zu übernehmen, die das Wohl der Gemeinschaft fördern. Es geht also darum, Zeit und Engagement für etwas zu investieren, ohne dafür eine finanzielle Gegenleistung zu erwarten – und das ist für unsere Gesellschaft besonders wichtig.
Doch obwohl es so viele Möglichkeiten gibt, sich zu engagieren, tun sich viele schwer damit, ein Ehrenamt zu beginnen. Nicht selten sind Unsicherheiten der Grund dafür: Wie bringt man seine ehrenamtliche Tätigkeit mit den Anforderungen des Hauptberufs in Einklang? Wie viel Unterstützung kann man von seinem Arbeitgeber erwarten? Muss das Ehrenamt gemeldet werden, und gibt es eine Freistellung oder sogar Sonderurlaub?
Was bedeutet Ehrenamt?
Wer sich ehrenamtlich engagiert, tut dies aus Überzeugung – um einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, oft in Bereichen, in denen der Staat oder das Gemeinwesen auf diese Hilfe angewiesen ist. Sei es als Trainer:innen in Sportvereinen, bei der Betreuung von Seniorinnen und Senioren, der Organisation von Konzerten oder der Unterstützung in Krisensituationen und bei Naturkatastrophen.
Laut des aktuellen Deutschen Freiwilligensurveys des BMFSFJ (2019) engagieren sich fast 40% der Deutschen ab 14 Jahren in irgendeiner Form ehrenamtlich. Das sind rund 28,8 Millionen Menschen. Am stärksten engagiert ist dabei die Gruppe der 30- bis 49-Jährigen.
Doch das Ehrenamt bedeutet nicht nur für die Gesellschaft einen großen Nutzen, sondern auch für die Ehrenamtlichen selbst. Es bietet nämlich oft auch ganz persönliche Erfüllung. Viele Menschen berichten, dass sie durch ihr Ehrenamt ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse anderer gewinnen und selbst an ihren Aufgaben wachsen.
Vereinbarkeit von Ehrenamt und Hauptberuf
Wer sich ehrenamtlich engagiert, steht vor der Herausforderung, dieses Engagement mit seinem Hauptberuf in Einklang bringen zu müssen. Während Ehrenämter für die Gesellschaft und die persönliche Entwicklung von großem Vorteil ist, gibt es eben auch rechtliche und organisatorische Aspekte, die bedacht werden müssen.
Dabei spielen sowohl die Rechte der Arbeitnehmenden als auch die der Arbeitgebenden eine Rolle. Eine der wichtigsten Fragen ist dabei: Muss ich meinen Arbeitgeber über mein Ehrenamt informieren?
Meldepflicht beim Arbeitgeber: Wann ist eine Information erforderlich?
Nach arbeitsrechtlicher Auffassung fallen alle Tätigkeiten, die Arbeitnehmende neben einer Hauptbeschäftigung ausüben – auch unentgeltliche oder gemeinnützige – unter den Begriff der Nebentätigkeit.
Dies bedeutet, dass ein Ehrenamt den gleichen arbeitsrechtlichen Regelungen unterliegt wie andere Nebentätigkeiten, sofern sie sich auf den Hauptberuf auswirken, beispielsweise wenn die Arbeitszeit beeinträchtigt wird, gesundheitliche Auswirkungen zu befürchten sind oder die Nebentätigkeit in Konkurrenz zum Arbeitgeber steht.
Arbeitgebende können in Arbeitsverträgen festlegen, dass Nebentätigkeiten – und somit auch Ehrenämter – angezeigt oder genehmigt werden müssen. Und tatsächlich tun die allermeisten Arbeitgebenden das auch. Ein Blick in den Arbeitsvertrag ist hier also unerlässlich.
Auch wenn ein Ehrenamt in erster Linie also unentgeltlich ist und in der Freizeit ausgeübt wird, unterliegt es den gleichen Regelungen wie eine klassische Nebenbeschäftigung. Deshalb kann der Arbeitgeber verlangen, dass das Ehrenamt gemeldet oder genehmigt wird.
Freiwillige Meldung beim Arbeitgeber
Auch wenn im Arbeitsvertrag nicht festgehalten ist, dass Nebentätigkeiten angezeigt werden müssen, kann es vorteilhaft sein, den Arbeitgeber freiwillig über das eigene Ehrenamt zu informieren.
Eine offene und transparente Kommunikation hilft nicht nur, Missverständnisse zu vermeiden, sondern kann auch das Verständnis und die Unterstützung des Arbeitgebers fördern. Viele Arbeitgebende sehen das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitarbeitenden positiv, da es zeigt, dass sie Verantwortung übernehmen und wichtige soziale Kompetenzen entwickeln.
In einigen Fällen bieten Arbeitgebende sogar eigene Unterstützungsmaßnahmen für ehrenamtlich engagierte Mitarbeitende an, beispielsweise flexible Arbeitszeitmodelle oder Sonderurlaub.
Eine frühzeitige Kommunikation kann somit dazu beitragen, eine gemeinsame Lösung zu finden, wenn sich Ehrenamt und Hauptberuf zeitlich überschneiden.
Können Arbeitgebende das Ehrenamt verbieten?
Grundsätzlich gilt: Arbeitgebende können die Ausübung eines Ehrenamts nicht verbieten. Dennoch gibt es auch hier Besonderheiten.
Ehrenamtliche Tätigkeiten, die als Nebentätigkeiten gelten, dürfen nicht dazu führen, dass die Hauptbeschäftigung beeinträchtigt wird. Wenn beispielsweise die ehrenamtliche Tätigkeit dazu führt, dass Arbeitnehmende regelmäßig müde oder erschöpft zur Arbeit kommt, könnte der Arbeitgeber ein Mitspracherecht haben und das Ehrenamt einschränken.
Ebenso gilt das, wenn gesetzliche Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes – also zum Beispiel Mindestruhezeiten oder maximale Arbeitszeiten – durch das Ehrenamt überschritten werden.
In der Praxis bedeutet dies, dass Arbeitgebende unter bestimmten Umständen Einfluss auf ehrenamtliche Tätigkeiten nehmen können – insbesondere dann, wenn die Nebentätigkeit die Hauptbeschäftigung gefährdet oder im Widerspruch zu den Interessen des Unternehmens steht.
Freistellung, Sonderurlaub und Entgeltfortzahlung für Ehrenämter
Für Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, stellt sich oft die Frage, wie sie ihren Einsatz für die Gemeinschaft mit den Anforderungen ihres Hauptberufs in Einklang bringen können. Die Möglichkeit, für das Ehrenamt freigestellt zu werden oder Sonderurlaub zu erhalten, aber auch die Frage nach der Lohnfortzahlung, ist dabei besonders relevant.
1. Freistellung und Entgeltfortzahlung
In Deutschland gibt es für bestimmte ehrenamtliche Tätigkeiten gesetzliche Regelungen zur Freistellung, die sich sowohl auf Bundes- als auch auf Landesgesetze stützen. Vor allem in Bereichen, die dem Schutz und der Sicherheit der Allgemeinheit dienen – wie bei der Freiwilligen Feuerwehr, dem Katastrophenschutz, dem Technischen Hilfswerk oder auch Rettungsdiensten – sind Arbeitgebende unter bestimmten Umständen verpflichtet, ihre Mitarbeitenden für Einsätze freizustellen.
Diese gesetzlich geregelte Freistellung sorgt dafür, dass ehrenamtliche Helfer:innen im Notfall ihre Dienste für die Gesellschaft leisten können, ohne dass ihnen dadurch berufliche oder finanzielle Nachteile entstehen.
Die gesetzlichen Regelungen zur Freistellung und Entgeltfortzahlung von Helferinnen und Helfern im Zivil- und Katastrophenschutz sehen folgendes vor:
Organisation |
Freistellungsregelung |
Entgeltfortzahlung |
Erstattung für Arbeitgebende |
Besondere Hinweise |
Technisches Hilfswerk (THW) |
Arbeitnehmende haben Anspruch auf Freistellung für Einsätze und Ausbildungsmaßnahmen (bei wichtigen Gründen ausgenommen). |
Arbeitgebende müssen das Arbeitsentgelt während der Freistellung unverändert weiterzahlen. |
Arbeitgebende können Erstattung für Entgelt bei Ausfall von >2 Std./Tag oder >7 Std. innerhalb von zwei Wochen beantragen. |
Keine Freistellung für Erholungspausen nach Einsätzen. Kurzzeiteinsätze sind entschädigungslos hinzunehmen. |
Freiwillige Feuerwehr |
Freistellung für Einsätze sowie Aus- und Fortbildungen. Ruhezeiten nach Einsätzen sind ebenfalls freigestellt. |
Entgeltfortzahlung während der Einsätze und Aus- oder Fortbildungen. |
Private Arbeitgebende erhalten Erstattung von Gemeinden. Öffentliche Arbeitgebende haben keine Möglichkeiten zur Verrechnung. |
Teilnahme an planbaren Aus- oder Fortbildungen muss rechtzeitig mitgeteilt werden. |
Weitere Hilfsorganisationen |
Regelungen orientieren sich teilweise an denen der Freiwilligen Feuerwehr oder folgen eigenen Vorschriften. |
Regelmäßig Entgeltfortzahlung während der Freistellung für Einsätze und Ausbildungen. |
Landesrechtlich geregelt; oft analog zu den Vorschriften der Freiwilligen Feuerwehr. |
Hierunter fallen z.B. Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter Unfall-Hilfe und Malteser Hilfsdienst |
2. Sonderurlaub und freiwillige Freistellung für andere Ehrenämter
Neben der gesetzlichen Freistellung für Einsätze im Katastrophen- oder Rettungsdienst gibt es auch den sogenannten Sonderurlaub für das Ehrenamt. Der Sonderurlaub kann – je nach Regelung in den einzelnen Bundesländern und je nach Branche – als unbezahlter oder sogar als bezahlter Urlaub gewährt werden.
Während eine gesetzliche Freistellung in Notfällen besteht, ist der Sonderurlaub für ehrenamtliche Tätigkeiten, die nicht unbedingt akut notwendig sind, oft eine freiwillige Leistung von Arbeitgebenden. Manche Unternehmen bieten sogar eigenständig bezahlten Sonderurlaub für bestimmte Ehrenämter an, insbesondere wenn diese eine hohe gesellschaftliche Bedeutung haben.
So unterstützen beispielsweise einige Unternehmen ihre Mitarbeitenden bei Engagements in großen Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz, den Maltesern oder der Johanniter-Unfall-Hilfe, indem sie zusätzliche Urlaubstage oder flexible Arbeitszeiten gewähren.
Bei ehrenamtliche Tätigkeiten, die nicht unmittelbar auf dingende Einsätze angewiesen sind, beispielsweise in Sportvereinen oder kulturellen Organisationen, kommt es stark auf Vorgesetzte und Unternehmen an. Während einige keine flexiblen Lösungen anbieten, gibt es mittlerweile immer mehr Arbeitgebende, die Arbeitnehmende dabei unterstützen, eine gute Balance zwischen Beruf und Ehrenamt zu finden.
💡 Arbeitnehmende sollten jedoch rechtzeitig das Gespräch suchen, um zu klären, ob der Arbeitgeber eine Freistellung oder flexible Arbeitszeiten gewähren kann.
Konflikte vermeiden: Tipps für eine gute Balance zwischen Ehrenamt und Beruf
Um ein harmonisches Verhältnis zwischen Ehrenamt und Hauptberuf zu gewährleisten, sind klare Absprachen und eine sinnvolle Planung entscheidend. Dadurch lassen sich Konflikte mit dem Arbeitgeber von vornherein vermeiden.
- Frühzeitige Planung und Absprache: Wenn man weiß, dass ein Ehrenamt regelmäßige Verpflichtungen oder Einsätze mit sich bringt, ist es hilfreich, frühzeitig mit dem Arbeitgeber über diese Termine zu sprechen. Je besser der Arbeitgeber im Voraus informiert ist, desto eher kann er im Bedarfsfall flexibel reagieren.
- Kompensation von Arbeitszeiten: Falls es sich um ein Ehrenamt handelt, das gelegentlich während der Arbeitszeit ausgeübt wird, sollte mit dem Arbeitgeber über die Möglichkeit gesprochen werden, diese Zeiten nachzuholen oder durch flexible Arbeitszeitmodelle auszugleichen.
- Dokumentation und Transparenz: Es kann hilfreich sein, die wichtigsten Eckdaten des Ehrenamts festzuhalten – zum Beispiel die Häufigkeit und Dauer der Einsätze oder Tätigkeiten. Dies kann nützlich sein, um Missverständnisse zu vermeiden und dem Arbeitgeber eine klare Vorstellung davon zu geben, in welchem Umfang man neben dem Beruf tätig bist.
Das Gleichgewicht zwischen beruflichen Verpflichtungen und ehrenamtlichem Engagement erfordert nicht nur Selbstorganisation, sondern auch die Bereitschaft, offen und transparent mit dem Arbeitgeber zu kommunizieren. Wer diese Balance findet, kann nicht nur seine Berufung im Ehrenamt ausüben, sondern auch im Job erfolgreich bleiben.