Du hast pünktlich gestempelt, Überstunden gemacht oder früher angefangen – und trotzdem fehlen auf der Abrechnung plötzlich Stunden? Oder dein Chef hat einfach die Zeiten korrigiert, ohne dir Bescheid zu geben?
Falsche Arbeitszeiterfassung durch Arbeitgeber ist kein Einzelfall. Ob durch technische Fehler, fehlende Rückmeldungen beim Ausstempeln vergessen oder bewusste Korrekturen – die Konsequenzen spüren immer die Mitarbeitenden. Weniger Lohn, Stress, Vertrauensbruch. Und oft auch das Gefühl, nichts dagegen tun zu können.
Aber: Du hast Rechte. Und du hast mehr Möglichkeiten, als du vielleicht denkst.
In diesem Artikel zeigen wir dir:
-
welche Fehler bei der Zeiterfassung besonders häufig passieren,
-
wann dein Arbeitgeber handeln darf – und wann nicht,
-
und was du tun kannst, wenn auf deinem Stundennachweis etwas nicht stimmt.
Was sagt das Gesetz zur Zeiterfassung?
Spätestens seit dem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Jahr 2019 ist klar: Arbeitszeiterfassung ist Pflicht. Und zwar für alle.
Auch in Deutschland hat sich daraufhin einiges getan. Arbeitgeber müssen ein System einführen, mit dem die tatsächliche tägliche Arbeitszeit erfasst wird – lückenlos und verlässlich. Das soll sicherstellen, dass niemand überarbeitet wird, ohne es nachweisen zu können. Und dass Mehrarbeit auch wirklich dokumentiert wird.
Deine Rechte auf einen Blick:
-
Du hast ein Recht auf die Erfassung deiner Arbeitszeit
-
Du darfst einen Stundennachweis vom Arbeitgeber verlangen
-
Du kannst (und solltest) einen Ausdruck deiner Zeiterfassung anfordern – besonders, wenn du Unstimmigkeiten vermutest
-
Arbeitgeber dürfen Zeiten nicht einfach willkürlich ändern, sondern nur in begründeten Fällen – und idealerweise mit Rücksprache
Typische Fehler bei der Zeiterfassung
Fehler passieren. Klar. Aber wenn’s um die Arbeitszeiterfassung geht, können kleine Ungenauigkeiten schnell zu großem Frust führen – vor allem, wenn sie wiederholt auftreten oder zu Lasten der Mitarbeitenden gehen. Ob technische Pannen, organisatorische Lücken oder schlichtweg Unwissen: Hier sind die häufigsten Stolperfallen – und warum du sie kennen solltest.
1. Ausstempeln vergessen – und plötzlich fehlt dir eine Stunde
Das passiert häufiger, als man denkt: Du hast Feierabend, die Gedanken sind schon im Wochenende – aber das Ausstempeln wird vergessen. Und was macht das System? Es stoppt entweder gar nicht oder trägt irgendeinen Standardwert ein. Im schlimmsten Fall fehlt die Zeit einfach komplett.
Was du wissen solltest:
Arbeitgebende dürfen in so einem Fall nicht automatisch davon ausgehen, dass du einfach nicht gearbeitet hast. Du hast das Recht, eine Korrektur zu verlangen, wenn du nachweisen kannst (z. B. durch Kolleg:innen, E-Mails oder andere Tätigkeitsnachweise), dass du tatsächlich länger da warst.
2. Weniger Stunden als im Arbeitsvertrag vereinbart
Du arbeitest konstant deine vertraglich vereinbarten 35 oder 40 Stunden – aber laut Abrechnung bist du drunter? Dann ist das ein echtes Alarmsignal. Oft steckt dahinter:
-
eine falsche Systemkonfiguration
-
nicht erfasste Überstunden
-
oder sogar bewusste Korrekturen durch den Arbeitgeber oder die Personalabteilung
Wichtig: Die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit ist keine Richtlinie, sondern eine rechtliche Verpflichtung – und jede Abweichung muss begründet und nachvollziehbar sein. Sonst hast du nicht nur Anspruch auf Korrektur, sondern möglicherweise auch auf Nachzahlung.
3. Arbeitgeber korrigiert Zeiterfassung – ohne Rücksprache
Es kommt leider immer wieder vor: Mitarbeitende stempeln korrekt – und später stellt sich raus, dass Zeiten im System verändert wurden. Meistens mit Begründungen wie „technischer Fehler“ oder „war ja nur eine Minute“. Doch egal, wie klein die Änderung: Wenn sie ohne Rücksprache erfolgt, ist diese falsche Arbeitszeiterfassung durch Arbeitgeber rechtlich heikel:
Was du tun kannst:
-
Sprich dein:e Vorgesetzte:n oder die Personalabteilung direkt an
-
Fordere einen Ausdruck deiner Zeiterfassung
-
Dokumentiere alles – auch kleine Abweichungen
-
Bei wiederholten Fällen: Betriebsrat einschalten oder rechtliche Beratung suchen
4. Mehr Stunden als im Arbeitsvertrag – aber nicht erfasst
Du springst regelmäßig ein, bleibst länger, gehst früher in den Dienst – aber auf der Abrechnung taucht das nie auf? Dann fehlt nicht nur die Anerkennung deiner Leistung, sondern ganz konkret Geld auf dem Konto.
Fun Fact:
Einige Systeme erfassen nur die geplanten Schichten – nicht aber die tatsächliche Anwesenheit, wenn jemand spontan aushilft. Das heißt: Du hast gearbeitet, aber das System „weiß“ nichts davon. Und dein Chef vielleicht auch nicht. Ergebnis: Null Vergütung.
Hier ist Selbstschutz angesagt:
-
Trage deine Arbeitszeiten zusätzlich mit – digital oder analog
-
Lass dir spontane Einsätze schriftlich oder per Mail bestätigen
-
Verweise bei Unstimmigkeiten auf deinen Stundennachweis und deinen Arbeitsvertrag
5. Fehlzeiten oder Pausen falsch verbucht
Ein Klassiker: Du gehst 10 Minuten früher in die Pause – das System bucht 30 Minuten. Oder du meldest dich krank, aber die Zeiterfassung läuft weiter. Solche Fehler wirken harmlos, führen aber bei häufigem Auftreten zu massiven Abweichungen in der Arbeitszeitbilanz.
Hier hilft nur eines: Regelmäßig kontrollieren, was eingetragen ist – und nicht zögern, wenn was komisch aussieht.
Was darf der Arbeitgeber – und was nicht?
Zeiterfassung ist nicht nur ein technischer Prozess, sondern ein sensibles Vertrauensverhältnis. Natürlich kann es mal vorkommen, dass Zeiten korrigiert werden müssen – das ist okay. Aber: Arbeitgeber dürfen dabei nicht willkürlich handeln. Es gibt klare Regeln, und die solltest du kennen.
Korrekturen ja – aber nur unter bestimmten Bedingungen
Arbeitgeber dürfen Arbeitszeiten korrigieren, wenn es sachlich gerechtfertigt ist – zum Beispiel:
-
wenn technische Fehler im System vorliegen,
-
wenn vergessene Stempelungen nachgetragen werden müssen,
-
oder wenn Pausenzeiten falsch erfasst wurden.
Aber: Solche Änderungen dürfen nicht heimlich oder einseitig erfolgen. Die betroffene Person muss informiert werden – und im besten Fall zustimmen. Alles andere ist rechtlich angreifbar.
Falsche Arbeitszeiterfassung durch Arbeitgeber – Was absolut nicht geht
-
Arbeitszeiten verkürzen, um Lohnkosten zu sparen
-
Überstunden streichen, obwohl sie geleistet wurden
-
Krankheitszeiten oder Urlaub falsch verbuchen
-
Nachträglich Pausen eintragen, die gar nicht genommen wurden
-
Stempelzeiten einfach ignorieren, z. B. bei Frühbeginn oder Spätschluss
Das kann im schlimmsten Fall sogar als Urkundenfälschung oder Lohnbetrug gelten – und hat arbeitsrechtliche wie strafrechtliche Folgen.
Recht auf Ausdruck & Nachvollziehbarkeit
Du hast jederzeit das Recht, einen Ausdruck deiner Zeiterfassung zu verlangen – und solltest das auch tun, wenn dir etwas komisch vorkommt. Der Arbeitgeber muss die Daten vollständig und transparent zur Verfügung stellen.
Stundennachweise dürfen nicht einfach „verschwinden“ oder gekürzt werden.
Wenn dein Arbeitgeber sich weigert oder wiederholt unklare Korrekturen vornimmt, hast du mehrere Optionen:
-
Gespräch suchen (idealerweise mit HR oder Führungskraft)
-
Betriebsrat einschalten (falls vorhanden)
-
Rechtsberatung einholen – viele Gewerkschaften bieten hier schnelle Unterstützung
Was tun, wenn du das Gefühl hast, deine Zeiten stimmen nicht?
Du hast deine Arbeitszeit ehrlich erfasst – aber auf der Abrechnung steht weniger? Oder der Arbeitgeber hat eigenmächtig Zeiten geändert, ohne dich zu informieren? Das fühlt sich nicht nur unfair an, sondern kann dich direkt Geld, Vertrauen und Motivation kosten.
Die gute Nachricht: Du bist nicht machtlos. Mit den folgenden Schritten kannst du strukturiert, ruhig und rechtssicher reagieren.
1. Ruhe bewahren und Beweise sichern
So naheliegend, so wichtig: Erstmal durchatmen. Auch wenn der Impuls da ist, direkt die Faust auf den Tisch zu hauen – geh’s strategisch an.
👉 Check deine Stempelzeiten, Schichtpläne, Mails, Kalender-Einträge oder Chatverläufe, die belegen können, wann du tatsächlich gearbeitet hast.
👉 Wenn du ein gutes Verhältnis zu Kolleg:innen hast, kannst du dir auch deren Bestätigung holen („Ja, wir haben gemeinsam um 8 Uhr angefangen“).
2. Stundennachweis vom Arbeitgeber verlangen
Du hast das Recht auf einen Ausdruck deiner Zeiterfassung. Und zwar jederzeit. Wenn du Ungereimtheiten und eine falsche Arbeitszeiterfassung durch Arbeitgeber vermutest, fordere diesen Ausdruck aktiv ein – schriftlich oder per Mail.
Am besten formulierst du sachlich, z. B.:
„Mir ist aufgefallen, dass meine Arbeitszeit in KW XY nicht vollständig erfasst wurde. Ich bitte um einen vollständigen Ausdruck meiner Zeiterfassung für diesen Zeitraum zur Prüfung.“
3. Gespräch suchen – sachlich und klar
Falls ein Fehler passiert ist, lässt sich das in den meisten Fällen schnell und unkompliziert klären. Geh auf deine:n direkte:n Vorgesetzte:n oder die Personalabteilung zu – und schildere ruhig, was dir aufgefallen ist. Bleib dabei freundlich, aber bestimmt. Kein Vorwurf, aber auch kein Wegducken.
4. Lass dich nicht abspeisen
Wenn die Reaktion ausbleibt oder dir gesagt wird, „das sei eben so“, ist das kein Argument. Du hast ein Anrecht auf korrekte Abrechnung deiner geleisteten Arbeitszeit. Punkt.
Sollte sich die Situation nicht klären lassen:
-
Wende dich an den Betriebs- oder Personalrat
-
Dokumentiere alle Schritte, E-Mails und Gespräche
-
Hol dir ggf. rechtliche Unterstützung, z. B. über eine Gewerkschaft oder Anwälte für Arbeitsrecht
5. Langfristig: Eigene Zeiten mitschreiben
Klar, eigentlich sollte ein modernes Zeiterfassungssystem alles sauber abbilden. Aber in der Realität hilft es enorm, wenn du deine Arbeitszeiten zusätzlich selbst dokumentierst – z. B. mit einer simplen Excel-Liste oder einer App.
So hast du im Fall der Fälle immer etwas in der Hand.
Fazit
Wenn dir bei der Zeiterfassung etwas komisch vorkommt – vertrau deinem Bauchgefühl. Dokumentiere, frage nach, bleib dran. Denn: Korrekte Arbeitszeit ist nicht verhandelbar. Und niemand sollte für Zeit, die er gearbeitet hat, leer ausgehen.

FAQ – Häufig gestellte Fragen